Herzlich willkommen bei „Politik mit Verstand“!

Wenn Sie zu den Menschen gehören, die nicht nur die Hauptüberschrift, sondern auch den Untertitel lesen, müssten Sie jetzt aufzucken: „gesellschaftspolitische Zero-Stakeholder-Initiative“? Kaum etwas ist kennzeichnender für die bundesrepublikanische Gesellschaft der letzten Jahrzehnte als das Entstehen politischer Interessensgruppen („Stakeholder“) verschiedenster Art. Und nirgendwo wird so hart um Interessen („Stakes“) gerungen wie in der Politik. Was also soll man sich unter einer Zero-Stakeholder-Initiative vorstellen? Und wie sollte diese in die politische Landschaft dieser Tage passen?

Auf den ersten Blick handelt es sich um den Versuch, etwas „Dampf aus dem System“ zu nehmen: Wer allzu hart um etwas ringt, verliert leicht aus den Augen, worum es ihm eigentlich geht. Dann kann der Kampf wichtiger als die eigentliche Zielsetzung werden. Bilden sich nun noch unterschiedliche politische Lager, wird der politische Gegner vielleicht sogar als persönliche Bedrohung erlebt. Sachliche Argumente haben jetzt kaum noch eine Chance, auf irgendeiner Seite Gehör zu finden.

In einer solchen Situation kann es hilfreich sein, ein wenig aus dem Feld zu gehen und mit mehr Distanz auf die Themen zu schauen. Niemand ist frei von Interessen, weder von persönlichen noch von gesellschaftspolitischen, wir alle sind aber in der Lage, diese Interessen für eine Weile zurückzustellen.

Mit etwas mehr Ruhe wird man vielleicht feststellen, dass Themen auch für sich selbst sprechen können. Probleme sind nicht gleichermaßen dringlich und haben in der Regel unterschiedlich gravierende Auswirkungen. Auch Lösungsansätze unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Erfolgswahrscheinlichkeit und der mit ihnen verbundenen Kosten und Nebenwirkungen. Je mehr es gelingt, die Dinge von ihrer sachlichen Seite zu betrachten, desto eher wird man vermutlich in der Lage sein, solche sachimmanenten Zusammenhänge zu berücksichtigen. Und oft genug tauchen dann Argumente auf, an die man ursprünglich nicht gedacht hat oder die aus dem Blickfeld geraten sind.

Gesellschaftliches Engagement genießt in der Bundesrepublik Deutschland zurecht einen hohen Stellenwert. Bei manchen Dingen sind wir relativ frei, uns für das zu entscheiden, was wir für gesellschaftlich richtig oder wünschenswert halten. Bei anderen müssen Notwendigkeiten oder Konsequenzen stärker bedacht werden, um Chancen zu nutzen oder Schäden zu vermeiden. Je besser es gelingt, gesellschaftliches Engagement mit sachlichen Erfordernissen in Deckung zu bringen, desto größer wird der Nutzen dieses Engagements sein. Ähnliches gilt für politische Entscheidungen: Je eher sich diese an sachlichen Kriterien orientieren und sich z.B. von populistischen Stimmungen frei halten, desto eher wird deren Nutzen für die Gesellschaft – leider nicht notwendigerweise für die eigene Partei – sein.

Damit ist man beim eigentlichen Anliegen der Zero-Stakeholder-Initiative „Politik mit Verstand“. Innerhalb des gesellschaftspolitischen „Entscheidungsgetümmels“ soll Sachinformationen ein gleichwertiger Stellenwert verschafft werden. Anders als bei häufiger diskutierten Ansätzen über „Bürgerbeteiligung“, „Expertengremien“ oder verschiedene Spielarten wissenschaftlicher Entscheidungsräte geht es darum, Expertise, nicht Experten in Position zu bringen. Letztere sind ebenso wenig frei von Interessen, wie Politiker frei sind von Sachverstand.

Der (zunächst zweifellos kontraintuitiv erscheinende) Weg zur Umsetzung der dieser Zielsetzung besteht darin, eine politische (Pseudo-)Partei zu etablieren. Diese soll – sofern vom Wähler mit ausreichendem Stimmanteil ausgestattet – ihre parlamentarische Vertretung dazu nutzen, zu informieren; an Abstimmungen soll sie nicht teilzunehmen. Außerdem soll sie auf drei Ebenen politische Entscheidungsprozesse begleiten: 1. Auswahl und Gewichtung politisch relevanter Sachthemen, 2. laufende Erfolgskontrolle politischer Entscheidungen und deren Realisierung (Stichwort „evidenzbasierte Politik“) und 3. interessensneutrale Kommunikation von 1 und 2 in die Öffentlichkeit. Nähere Erläuterungen und Hintergründe werden auf den folgenden Seiten vorgestellt.

Sollten Sie sich die Mühe machen, nun auch noch in den Rest der Darstellungen hineinzuschauen, so bitte ich um Verständnis, dass Manches noch ergänzt werden muss und immer wieder Änderungen erfolgen. Ungeachtet dessen wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre!

AK, im Juli 2023

 

PS: Der Zusatz „… mit Verstand“ soll nicht andeuten, dass Politik im Regelfall ohne Verstand betrieben wird. Vielmehr wird damit angelehnt an die Kant’sche Unterscheidung von „Verstand“ und „Vernunft“ und in durchaus selbstkritischer Absicht darauf hingewiesen, dass auch sachliche Informationen noch kein Erfolgsgarant sind. Selbst nach bester Prüfung einer Faktenlage kann es natürlich zu Fehlentscheidungen kommen. Langfristig erhöhen Sachinformationen aber die Erfolgswahrscheinlichkeit von Entscheidungen und – noch wichtiger – sie schaffen die Voraussetzung für zielgerichtete Lernprozesse.

zum Überblick