Fakten, Werte und politische Entscheidungen
Bereits vor über 100 Jahren sorgten „Fakten“ und „Werte“ für angeregte sozialwissenschaftliche Diskussionen. Im sogenannten „Werturteilsstreit“ wurde darüber nachgedacht, inwiefern und in welchen Ausmaß Wissenschaft die politische Gestaltung beeinflussen sollte. (Eine Fortsetzung erfolgte in den 60er Jahren im sogenannten „Positivismusstreit„). Etwas präziser ging es dabei u.a. um die Frage, ob aus wissenschaftlich erarbeitetem Wissen (s.o.: „Was ist?“) gesellschaftlich verbindliche Werte (s.o.: „Was soll sein?“) abgeleitet werden können bzw. sollten.
Max Weber, einer der Protagonisten dieses Streits, hatte bereits früher „Zweck“ und „Mittel“ als „die letzten Elemente sinnvollen menschlichen Handelns“ beschrieben (1904, S.25f). Seiner Meinung nach lässt sich nur über die instrumentelle Eignung bestimmter Mittel hinsichtlich eines gegebenen Zwecks wissenschaftlich sinnvoll befinden, nicht jedoch über den Zweck selbst. Der Zweck einer Handlung hängt vielmehr von (sozial geteilten) Werten ab und fällt in den Bereich der Politik.
Auch der jüngeren Diskussion nimmt die Unterscheidung in Sach- und Wertaspekte eine zentrale Rolle ein. Wagner (2015, S. 191) differenziert in Zusammenhang mit der Rolle wissenschaftlicher Politikberatung zwischen „Werturteilen“ und funktionalen „Entscheidungen für das beste Instrument, um ein gestecktes Ziel zu erreichen“. Ähnlich unterscheidet Weingart zwischen „Wertfragen“ und „Sachfragen“ innerhalb von Zweck-Mittel-Beziehungen: „Die Politik setzt die Ziele, die Wissenschaft nennt die zur Erreichung dieser Ziele angemessenen Mittel“ (Weingart, 2015, S. 109).
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Literatur:
- Ropohl, G. (2009) Allgemeine Technologie – Eine Systemtheorie der Technik. Karlsruhe: KIT Scientific Publishing. Online-Link.
- Schlösser, Hans-Jürgen (2007a). Wirtschaftspolitik und gesellschaftliche Grundwerte. In. Hans-Jürgen Schösser (Hrsg.). Informationen zur politischen Bildung. Bundeszentrale für politische Bildung. Online-Link.
- Schlösser, Hans-Jürgen (2007b). Ziele und Instrumente. In. Hans-Jürgen Schösser (Hrsg.). Informationen zur politischen Bildung. Bundeszentrale für politische Bildung. Online-Link.
- Wagner, Gert G. (2015). Welche Rolle kann wissenschaftliche Beratung in der Politik sinnvollerweise spielen? In P. Weingart & Gert G. Wagner (Hrsg.). Wissenschaftliche Politikberatung im Praxistest. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. Online-Link.
- Weber, Max (1904). Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis. Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, 19(1), 22-87. Online-Link.
- Weingart, Peter (2015). Wissenschaftliche Politikberatung zu ethischen Fragen – die Rolle der Akademien In P. Weingart & Gert G. Wagner (Hrsg.). Wissenschaftliche Politikberatung im Praxistest. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. Online-Link.
Weitere Links:
- Grund, C. (2021). Von der Demokratie zur Technokratie? Wie Corona die Politik verwissenschaftlicht. Tutzing: Alademie für politische Bildung. Online-Link.
- Luft, C. (2019). Sprachliche Handlungen in politischen Sach- und Werturteilen. Essen: CIVES-Forum. Online-Link.
- Rauchhaupt, U. von (2009). Politisierte Wissenschaft – Ehrliche Makler, Frankfurter Allgemeine Zeitung. Online-Link.
- Schmidt, F. (2019). Wissenschaftler an die Macht? Warum eine Technokratie auch nicht besser wäre als eine Demokratie. Spiegel Online. Online-Link.
- Schnurr, E.-M. (2009). Politikberatung – Kopf gegen Bauch. Zeit Online. Online-Link.
AK 13.11.2022